Beate Reinecker

Philosophische Texte

Sieben ausgewählte Kapitel aus dem Buch:

Leuchte durch dein Leben - Band 1
ISBN: 978-3743149717


Leuchte durch dein Leben

Wir alle werden ins Leben geworfen. Wir sind in den ersten Lebensjahren, genau genommen bis zu dem Erwachsenenalter, auf Hilfe, Förderung und Unterstützung in allen Lebensbereichen angewiesen. Das Leuchten, Strahlen, die volle Blüte und Entfaltung unserer Persönlichkeit bedeuten für uns eine besondere Herausforderung, eine Arbeit an uns selbst. Die Leuchtkraft, die Strahlkraft, bedarf besonderer Voraussetzungen. Viele Faktoren spielen eine Rolle auf dem Weg zu uns. Dieser Weg zu unserem Ich, zu unserem tieferen inneren Kern, ist gleichzeitig auch der Weg zum Du. Ein erfüllter, ein erblühter Mensch, eine leuchtende Persönlichkeit kann faszinieren, andere beeindrucken und ein Wegweiser sein. Die Menschen, die erblühen durften, können andere berühren, mitreißen und mit ihrer Energie anstecken. Die Funken des Ichs springen auf das Du über. Positive Impulse können transportiert und Inhalte vermittelt werden. Ein leuchtender Mensch kann für andere eine Fackel in dunklen Tagen sein. Ein erblühter Mensch kann als Vorbild für andere dienen und zeigen, wie man sich entfalten und zu seiner Persönlichkeit stehen kann. Der Kampf um die eigene Natur dient als Vorbild für die anderen. Dabei geht es um den Bewusstwerdungsprozess eines jeden von uns, um zu verstehen, wer wir sind und was wir hier auf dieser Erde wollen. Wir sind ins Leben geworfen worden und es geht darum, über den Regenerationsprozess hinaus unser Leben mit unseren Leidenschaften, Fähigkeiten und Interessen zu gestalten. Dafür gilt es einzutreten. Wir können nur eine Leuchtkraft entwickeln, wenn wir zu uns selbst einen engen Kontakt pflegen und uns unsere Vorlieben eingestehen, um in einem weiteren Schritt als erfüllter Mensch für andere hilfreich und leuchtend sein zu können. Zu leuchten heißt, sichtbar, strahlend und wegweisend zu sein. Menschen mit Strahlkraft agieren aus dem Zentrum ihres Ichs. Sie haben den Bezug zu sich selbst nicht verloren, sie haben sich nicht aufgegeben. Sie sind nicht auf Scheinvorteile und fremdbestimmte Pfade hereingefallen. »Lasst uns zu leuchtenden Persönlichkeiten werden, die Licht in die Dunkelheit und in die Orientierungslosigkeit bringen!


Deine Leuchtkraft ist in Gefahr

Immer, wenn du nicht du selbst sein darfst, ist deine Leuchtkraft in Gefahr. Immer, wenn du dich verleugnest und wenn du dein Ich wegsperrst, wirst du an Leuchtkraft verlieren. Die Wege deiner Desorientierung können sehr unterschiedlich sein, ebenso wie die Ablenkungen von deinem inneren Kern. Auch die möglichen Manipulationen haben immer wieder neue Gesichter. »Hüte dich vor den ansteckenden Viren einer Fremdbestimmung!« Eine solche Vergiftung deines Blutkreislaufes infolge des Anschlusses an die der Vergifteten, entzieht dir deine Selbstbestimmung. Es sind die Kreisläufe einer scheinbar intakten Lebensweise, die aus immer mehr Konsum, Gier, Geiz und Betäubung besteht, die dich von deinem Kern entfremdet. Du willst dich spüren und glaubst, im Ansehen der anderen gespiegelt zu werden. Doch es ist nicht dein Ich, das die Menschen wahrnehmen. Es ist eine aufgetakelte Hülle, die du in deiner Fremdbestimmung den anderen anbietest, wenn du zu einer unauthentischen Figur verkommst. »Was zeigst du den anderen von dir? Wie präsentierst du dich deinem Gegenüber? Was gibst du Preis?« In einer Welt der Shows, des Konsums und der Fremdbestimmung ist es in der Tat nicht leicht, das eigene Ich zu fördern, zu bewahren und auch nach außen zu tragen. Angst und Ohnmacht machen sich breit, wenn die Mauern, die scheinbar nicht zu überwindenden Missstände, Fehlleitungen und Fehleinschätzungen wüten.  

In einer Gesellschaft, in der der Konsum, die Materie, die Konkurrenz und das Übervorteilen allgegenwärtig sind, triffst du die menschlichen Charaktere eher selten an. »Wer setzt sich für die Ethik, die Menschlichkeit ein? Wer ist mutig genug, vor der Gier und dem Geiz zu warnen? Wer mahnt die Solidarität in einer Zeit an, in der die Gesellschaft von innen ausgehöhlt wird?«  

Wenn der Mensch in seiner Gier nicht mehr nach links und rechts schaut, wenn er nur um sich selbst kreist und dabei zusehend an Menschlichkeit einbüßt, so kann er weder auf sich, noch auf das Du, noch auf eine humane Gesellschaft achten. An dieser inneren Haltung wird deutlich, dass hier ethische Ausrichtungen nie erarbeitet worden sind. Inhalte fehlen, es existiert kein Kompass. 


 Deine Befreiung


Manchmal muss alles ganz schnell gehen! Alles ändert sich, wenn sich die Gedanken erhellen und die Wahrheit wieder zugelassen wird. Die verlogene Umgebung kann wieder erkannt werden. Es besteht die Chance, das Gefängnis der Lügen und Widersprüche zu verlassen. Der Bewusstwerdungsprozess ist der Weg in die Freiheit. Das Loslassen der Scheinwelten ist die Voraussetzung. Die Zäune, die angeblich kostbaren Güter, verlieren ihren Wert angesichts der Wahrheit. Das wahre, authentische Leben kann beginnen. Die Leuchtkraft ist wieder vorhanden. »Befreie dich und lebe dein Selbst! Stelle den Kontakt zu deinen Leidenschaften her und löse deine Zwangsjacke! « Jeder Mensch hat ein Recht auf ein würdevolles Leben. Dies hat nichts mit dem Geldbeutel oder der äußeren Hülle zu tun. »Kreise nicht nur um deine Hülle und dein Bankkonto, denn du läufst so Gefahr dich zu verlieren! « Die hohen Zäune, die Ketten und Verließe können überwunden und verlassen werden, wenn die Wahrheit und Wirklichkeit wieder zugelassen werden. » Lasse dich selbst wieder zu und pflege deine Talente! Entledige dich der Gier und des Konkurrenzdenkens! Spiegel dich im du und lebe in Freiheit!«


 Die Verantwortung


Du bist kräftig, du bist mutig, du schaffst es, die finsteren Ecken zu beleuchten. Wenn du nicht wegsiehst, weghörst, wenn du nicht schweigst, kannst du gestaltend tätig werden. Dein Leben wird wieder dir gehören. Du kannst voller Selbstbewusstsein in die Augen der anderen sehen und wohlüberlegt antworten. Dein Wort wird Gewicht haben, denn du bist nicht blind und ferngesteuert durchs Leben gelaufen. Du hast dich informiert und bist nicht abgetaucht. Du hältst es aus, die Missstände anzusehen. Du weißt um die Chance auf Erkenntnis, wenn du nicht wegsiehst. »Überwinde deine Bequemlichkeit! Überwinde die Angst!« Du bist stark und du kannst ein Vorbild sein. Du bist in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Jetzt zeigst du den anderen durch dein Beispiel, dass sie ihre Bequemlichkeit und Angst überwinden können. Jeder Mutige lässt sich nicht die Sicht durch Dunkelheit und Nebel rauben. Jeder mutige Denker leuchtet die dunklen Ecken aus. »Überwinde das Desinteresse und die Lethargie! Deine Lebenszeit ist begrenzt! Du bist gefordert! In den dunklen Ecken können sich bedrohliche Krankheiten ausbreiten. Suche die Klarheit, Wahrheit und geistige Sauberkeit! Erkenne und nutze deine Chancen!« Die Ausreden können nicht länger hingenommen werden. Das Wegschauen und das Sich-Verzetteln dürfen nicht die kostbare Lebenszeit hinwegraffen. »Übernimm das Ruder für dein Leben! Schau in die dunklen Ecken, schau`genau hin und nicht weg! Du trägst die Verantwortung für dein Leben. Wenn du sie angenommen hast, bist du stark genug, die Verantwortung für andere zu übernehmen.«


 Wenn die Leichen stören …


Es läuft etwas schief, wenn plötzlich Leichen den Müßiggang begleiten. Es läuft alles aus dem Ruder, wenn die Touristen den Gestank der Leichen beklagen. In einer Welt, in der die Menschen in ihrer Freizeit nicht mit der Realität konfrontiert werden wollen, kann man nicht von einer humanen Welt sprechen. Die Tugenden der europäischen Kultur sind buchstäblich über Bord geworfen worden. Es kann keine Kultur gepflegt werden, in der die menschlichen Werte mit Füßen getreten werden. Das kollektive Wegschauen und Verdrängen wird zur Kultur pervertiert und wie ein zu pflegendes Gut zelebriert. Dabei stören die Leichen. Es werden Pläne entwickelt, wie es in Zukunft nicht mehr zu derartigen Störungen kommen kann. Die Zäune werden höher. Die Sicherheitsvorkehrungen perfider. Derjenige, der gewillt ist wegzuschauen, wird in den elitären Zirkel des gemeinschaftlichen Verdrängens aufgenommen. Man ist sich einig: Wir sind wer, wir sind wertvoll, wir haben ein Platzticket und die Berechtigung auf Wohlstand. Reiseziele werden wie Lebensziele angepriesen. Wahre Werte werden auf Ramschniveau verschleudert. Äußerlichkeiten werden als die eigentlichen Werte hochstilisiert. Es ist eine Umwertung der Werte auf primitivstem Niveau. Das Traumschiff sticht in See, die Leichen stören. Das kollektive Verdrängen nimmt seinen Lauf. Es werden scheinbar immer neue Ziele angesteuert. Man möchte sich amüsieren, nirgendwo wirklich ankommen, denn das Leben in einem festen sozialen Bezug wird immer mehr zur Last. Der Mensch verfehlt sich selbst. Das große Fressen wird zelebriert. Das Abspecken ebenso. Die neidischen Blicke verfolgen die Dünnen, die in all dem Überfluss noch eine Figur behalten konnten. Die ungezügelten Gaumengenüsse werden zur Qual. Das große Fressen hinterlässt eine große Unzufriedenheit. Es ist eine Reise ins Nirgendwo. Es ist eine Fahrt, ein Höllenritt, um die Zeit totzuschlagen. Die Öde und die Hohlheit werden zur Qual, denn die Werte fehlen, während die Leichen stören. Man gibt sich kunstbeflissen. Bewundert die Exponate an den Wänden. Sollten Inhalte drohen, wendet man sich ab. Die innere Leichtigkeit soll nicht angekratzt werden, während der Zwang der Genusssucht das Herz und den Verstand beherrschen. Wenn ein Mensch so angestrengt wegschauen muss, kann er nicht in sich ruhen. Die demonstrierte Leichtigkeit kann keine sein. Man macht sich etwas vor und strengt sich an, Spaß zu empfinden. Die Langeweile, Öde und Sinnleere quälen den Menschen. Die tägliche Berieselung muss in Anspruch genommen werden, da ernsthafte Themen fehlen. Wer sitzt schon gerne seinem Tischpartner schweigend und genervt gegenüber? Wer kann die Hohlheit ertragen? Wer so viel von der Realität ausblenden muss, hat Probleme, die Wirklichkeit zu erfassen. Der Überfluss, die Zeit, das kollektive Wegschauen hat seinen Preis: Selbstentfremdung, zunehmende Betäubung, Isolation. Wer auf den schönen Schein setzt, verpasst das Du, das eigene Selbst, das Leben an sich. Wenn das irdische Leben zur Last wird, lässt der Realitätsverlust nicht lange auf sich warten. Die verkitschte Lebensweise nimmt den Menschen gefangen. Die Täuschungsmanöver bestimmen das Denken, das Fühlen, den zwischenmenschlichen Kontakt. Der Mensch entfremdet sich von seinem inneren Kern und kann das Du nicht mehr erreichen. Es ist ein Teufelskreis, der in die Sinnleere führt. Wer die Leichen nicht ansehen kann und die Armut, den Tod und das reale Leben verdrängen will, entfernt sich von seiner Geschichte, in der er jetzt gerade lebt. Die Wirklichkeit wird ausgeblendet und der Realitätsverlust nimmt den Menschen gefangen. Das Traumschiff, auf dem das kollektive Verdrängen gefeiert wird, nähert sich neuen Zielen. Dieses Schiff kommt nirgendwo an, die Menschen auch nicht. Sie wollen bewegt werden, um ihre Stagnation nicht zu spüren. Das Sich-Bewegen-Lassen ist für sie ein Ersatz. Es ist der Stellvertreter für die fehlende Eigendynamik und Lebendigkeit. Der Konsument wird bewegt, er wird unterhalten, abgelenkt und in eine künstliche Stimmung versetzt. Die Bibliothek an Bord mahnt zum Denken. Das ist schrecklich. Die Klassiker der Dichter und Denker sollten besser in der Welt gieriger Konsumenten keinen Platz haben, so denken viele, obwohl sie dies niemals äußern würden. Sie wollen in keinen Spiegel sehen, sie wollen nicht gespiegelt werden. Es wäre sowieso besser, wenn die wirklich Denkenden fehlen würden. Sie stören, wenn es gemütlich wird. »Wir wollen keine authentischen Denker!« Es wird immer mal wieder ein Buch aufgeklappt. Es liegt neben dem weißen Laken. Es soll ein Zeichen sein: »Schaut her, ich lese, ich bin ein Reisender mit kulturellem Anspruch.« Der Autor lebte vor langer Zeit, in einer Phase des menschlichen Seins, in der es Not und Revolutionen gab. »Wer sprach vom Tod? War es Goethe?« Das Buch wird zugeklappt. Die Stimmung darf nicht versaut werden. Der intellektuelle Anspruch wird vermieden und gleichzeitig gibt man ihn vor. Man kennt die Maler, man kennt die Künstler, man ist ein Mäzen. »Wer traut sich, über Inhalte zu sprechen? Wer stört bei der Völlerei und dem gemeinsamen Verdrängen?« Die Leichen und die Denker stören. Heute Abend gehen wir zu einem Vortrag, dort werden wir bestens unterhalten. Es darf keine Langeweile aufkommen, es darf keine betretene Leere entstehen. Niemand soll spüren, erkennen, dass die Kunst nur unterhalten soll. Mehr nicht. Man möchte sie nicht auf sich selbst oder die Zeit beziehen, in der man zufällig lebt. »Lasst uns anstoßen, lasst uns ein paar Kunstpreise ausloben! Wir brauchen die Dichter und Denker!«  

Das Schiff gleitet durch die Dunkelheit. Die Leichen treiben am Bug vorbei. Niemand wird sie in dieser Nacht bergen und so haben sie diese Feier nicht stören können.


 Trennung, Tod, Abschied


Du wurdest älter und dein Leben kam dir immer mehr wie ein langer Abschied vor. Du hast viele Freunde verloren, weil du die Kontakte nicht hast pflegen können. Vieles war mit Schmerz verbunden, denn die Leben, die Lebenswege passten nicht mehr zueinander. Du klammertest nicht, denn die Freiheit und Selbstbestimmung ist dir schon immer sehr wichtig gewesen. Was nützte dir die Anwesenheit eines Menschen, wenn dieser lieber etwas anderes planen und unternehmen möchte? Deine Beziehungen waren nur solange für dich intakt und aufrecht zu erhalten, solange du eine Freiwilligkeit und Freiheit leben konntest. Vorschriften und Zwänge ersticken jede Liebe und jede ehrliche Freundschaft. Sie zerstören die freiheitlichen Bestrebungen, den authentischen Austausch. Dies hattest du bereits als junger Mensch intuitiv erfasst und deshalb liebtest du die Authentischen, die frei lachen und weinen konnten. Die Taktiker waren dir ein Greul, denn sie lachten nur, wenn es sich lohnte. Sie taten sowieso nur etwas, wenn es sich lohnte, wenn unter dem Strich etwas blieb. Diese Berechnung konnte nicht ethisch sein, sie musste der Lüge entspringen. Niemand war dir widerwärtiger als die Speichellecker. Sie gingen über die Freiheitsbestrebungen der anderen hinweg, weil sie die anderen beherrschen wollten, sie vor ihren Karren spannten. Du hattest immer wieder unter den Dominanten gelitten, denn sie wollten dich gängeln und gefügig machen. Wenn dich jemand brechen wollte, musstest du Abschied nehmen. Du wolltest genau hinsehen, denn du hieltest nichts von der Selbsttäuschung. Die Abschiede erlebtest du wie kleine Tode. Diese Trennungen in ihrer Endgültigkeit bohrten sich tief in dein Herz und in deine Seele. Der Schmerz war oft übermächtig. Mit viel Disziplin und geistiger Arbeit schafftest du immer wieder einen Neuanfang. Eine Trennung war wie ein kleiner Tod, denn du spürtest, dass es kein Zurück gab. Du wolltest dich niemals verbiegen lassen, du wolltest die anderen nicht verbiegen und deshalb argumentiertest du auch nicht gegen den Willen der anderen. Du nahmst somit die kleinen Tode an, denn es war das Loslassen, das Abschied-Nehmen. Du sichertest gleichzeitig deinen inneren Kern. Die Stärke lag in der Akzeptanz, im Respekt vor der Entscheidung anderer. Der Kern des anderen sollte genauso bewahrt bleiben wie dein eigener. Herzen sollten sich freiwillig berühren. So konnte man sich auf Augenhöhe begegnen. Der Respekt ermöglichte die Liebe, ohne sich aufzugeben. Der innere Kern des Menschen sollte wertgeschätzt und bewahrt bleiben. Du lerntest zu lieben, ohne dich aufzugeben. Ein Mensch, der dich liebte, brauchte sich nicht zu verbiegen. Freizügig zu sein und gleichzeitig Gefühle zu bewahren, zu pflegen, ohne Angst vor dem Abschied, ist eine besondere Lebenslektion. Die Zeit lässt Wunden verheilen, während die Erinnerungen an die großen Gefühle im Inneren weiterleben. Sie bleiben ein kostbares Gut der Innenwelt. Du konntest somit erfahren und erleben, was die anderen wirklich wollten, denn sie brauchten sich nicht zu verstellen. Du respektiertest deren Persönlichkeit. Es waren kostbare Lebensgeschenke an dich. Es waren Angebote, Chancen, dich zu spiegeln, dein Selbst zu erfahren, es zu stärken. Du lasest in den anderen wie in einem offenen Buch. Das Leben war somit immer spannend, ein Abenteuer. Du nahmst die Schmerzen, die Abschiede an. Es war deine Art zu leben. Das große Loslassen war immer allgegenwärtig und du konntest somit deinen inneren Kern bewahren. Nichts sollte dich verkrampfen, verformen, entfremden. Die Unkenrufe, Einschüchterungen vieler sollten den freien Fluss deines Lebens nicht fehlleiten. Du wolltest zur Entfaltung kommen und du wolltest die anderen in ihrer Entfaltung sehen, bestärken. Dein Feuer, dein innerer Kern sollte lodern, brennen und seine Empathie niemals verlieren. Du lebtest im Respekt vor dem innersten Kern des anderen, mit dem du Gefühle und Leidenschaften teiltest. So lerntest du zu lieben, ohne dich aufzugeben. Du erarbeitetest dir die Möglichkeit, freizügig zu sein, eigene Gefühle wachsen zu lassen, ohne Angst vor einem drohenden Abschied.  

Es war eine Lektion im Leben, denn nichts ist sicher, während pausenlos von der Sicherheit gesprochen wurde. Gefühle vergangener Zeiten prägten dich. Sie blieben ein Teil von dir, denn sie haben dich reifen lassen. Deine Erfahrenheit, dein Schmerz, alles war in deinem Gesicht zu sehen, doch du hattest die Gabe, aus dem Schmerz Gold werden zu lassen. Das Gold der Reife. Du wurdest niemals zu einem verbitterten, gierigen und ausgehöhlten Menschen. Jeder Mensch muss psychisch überleben. Die Trauer will verarbeitet werden. Um das eigene Überleben zu sichern, um psychisch gesund zu bleiben, sollte man sich nicht sträuben, andere gehen zu lassen. Sei es, weil ein Mensch stirbt, oder weggeht, andere Pläne hat oder sei es, weil die Herzen nicht mehr gemeinsam schlagen und der Blick nicht länger in eine Richtung gerichtet ist. Menschen werden aus den Augen verloren. Das Leben tobt. Es wirft jeden von uns hin und her. Der Sturm, der Lebenssturm rast, die Wellen schäumen wild und heftig. Nur der flexible Surfer reitet geschmeidig auf den großen Brechern. Solange wir den Lebensmut nicht aufgegeben haben, laufen, segeln und schwimmen wir. Wir wollen an der irdischen Existenz teilhaben und werfen uns ins Leben. Die Hoffnung trägt uns, sie leuchtet in den dunklen Stunden. Der Lebensmut, die Kraft wird aus der Hoffnung gespeist. Wir alle müssen irgendwann gehen. Solange die innere Flamme weiterlodert, solange wir träumen, lieben und hoffen, solange werden wir weiterkämpfen. Die Lebenskämpfe werden uns herausfordern. Wir können lebenslang kleine und größere Neustarts feiern. Wir alle brauchen viel Kraft und Mut, um Abschied zu nehmen, um neu zu beginnen, um aktiv zu bleiben, neu durchzustarten. Ablösungen können die Chance für ein lebenswertes Weiterleben bedeuten. Es sind die Häutungen, Metamorphosen, Brüche, großen und kleinen Veränderungen. Der Stillstand würde unser Verkümmern bedeuten. Er kann eine Lebensferne beinhalten, die uns lähmt und blockiert. Wir dürfen uns nicht lähmen lassen. Wir sollten niemals verknöchern. »Schau in die Natur! Alles verändert sich.« Du bist ein Teil der wilden Natur. Du bist ein Teil des Kosmos. Alles verändert sich, verfällt, vergeht. Solange du lebst, partizipierst du am dem Großen, am Werden und Vergehen. Du bist ein Mensch, du kannst denken und fühlen.  

»Lass los, was dich zerstört! Lass los, was dich klein macht, was dich schwächt und unsichtbar werden lässt! Lass los was dich in deinem Kern bedroht! Klammer dich nicht an diejenigen, die gehen wollen! Klammer dich nicht an diejenigen die ihr Leben nicht großzügig mit dir teilen wollen! Akzeptiere den großen Lebensfluss, mit seinen Stationen, Abschieden und auch den Tod. Bewahre deine Geschmeidigkeit, deine Einzigartigkeit, deine Natur! Sie kann dein Überleben garantieren! Wer das Leben gern mit dir teilt und dich frei atmen lässt, ist stets willkommen.«